Autoren: Prof. Dr. Bettina Fischer und Dipl.-Betriebswirt Detlev Westerfeld
BWL (2) – Aufbau eines Berichtswesens
Wie im ersten Teil dieser Artikelserie dargestellt, verlangen betriebswirtschaftliche Entscheidungen eine genaue Kenntnis der wirtschaftlichen Abläufe in einer Praxis. Oftmals scheuen sich die Ärzte jedoch, sich mit dem betriebswirtschaftlichen Zahlenwerk ihrer Praxen auseinanderzusetzen. Die Quintessenz: Informationen über die aktuelle finanzielle und wirtschaftliche Situation und die Entwicklung der eigenen Praxis werden konsequent vernachlässigt. Dabei sind diese heute wichtiger denn je und erfordern ein funktionierendes und richtig informierendes Berichtswesen. Wie dies genau funktioniert, wird im folgenden Artikel beschrieben.
Dem Zahnarzt stehen verschiedene Formen des Berichtswesens für die Erfassung der betriebswirtschaftlichen Daten seiner Praxis zur Verfügung. Diese Varianten haben nicht nur unterschiedliche inhaltliche Ausprägungen, sie sind auch für den Zahnarzt von unterschiedlichem Nutzen. Deshalb sollen hier die vier wichtigsten Formen des Berichtswesens und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile kurz vorgestellt werden:
1. Kosten- und Leistungsrechnung
Hält man sich an die Definition der Begriffe Kosten und Leistung, so kann man bei dem in der Regel in einer Zahnarztpraxis anzutreffenden Berichtswesen nicht von einer Kosten- und Leistungsrechnung sprechen, da sich grundlegende Sachverhalte hier nicht wiederfinden lassen. Im Sinne der Betriebswirtschaft sind Kosten und Leistungen unabhängig von Ein- und Auszahlungen, da insbesondere auch kalkulatorische Ansätze in die Kosten- und Leistungsrechnung mit einzubeziehen sind. Auch sind Kosten und Leistungen nicht mit Einnahmen und Ausgaben gleichzusetzen, wie im Rahmen der nun folgenden Einnahmen und Ausgabenrechnung deutlich wird.
2. Einnahmen- und Ausgabenrechnung
Betriebswirtschaftlich lassen sich Einnahmen und Ausgaben wie folgt definieren (vgl. Abb. 1): Demnach entspricht die BWA der Praxisbuchhaltung in der Regel auch nicht einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung, da diese weitgehend nur den Zu- und Abgang der Zahlungsmittel berücksichtigt.
3. Einzahlungen und Auszahlungen
Unter Einzahlungen und Auszahlungen sind Zahlungsmittelbeträge (Bargeld, Giralgeld) zu verstehen, die an jeweils andere „fließen“. Die für Zahnärzte übliche Gewinnermittlung im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung berücksichtigt weitgehend nur im Zeitraum erfolgte Einzahlungen und Auszahlungen. Lediglich Abschreibungen und eventuell steuerpflichtige geldwerte Vorteile (zum Beispiel Kfz-Nutzung) finden ohne Geldfluss Berücksichtigung. Entsprechendes gilt somit natürlich auch für die unterjährige BWA auf Basis der Buchhaltung.
Gleichwohl kann die BWA der Praxis als Grundlage eines Berichtswesens dienen, wenn deren Qualität sich nicht nach der Menge der Zahlen bemisst, sondern nach deren Aussagekraft. Sie sollte möglichst zeitnah erstellt werden und inhaltlich mindestens wie folgt gegliedert sein:
Einzahlungen: Alle im betrachteten Zeitraum kumulierten Werte der vereinnahmten Beträge. Auf eine Aufteilung der Einzahlungen nach KZV, PVS und Patientenzuzahlungen sollte nicht verzichtet werden, da damit gleichzeitig die Gewichtung der einzelnen Zahlungspflichtigen im Verhältnis zu den Gesamteinzahlungen dargestellt werden kann. Empfehlenswert ist ergänzend die Unterteilung in alle praxisrelevanten Bereiche, wie allgemeine Zahnarztleistungen, Zahnersatz, Implantologie, PA, Labor, Prophylaxe, u.v.m.
Auszahlungen: Alle im betrachteten Zeitraum kumulierten Werte der Praxisauszahlungen (ohne Privatentnahmen), gegliedert nach den praxisrelevanten Kostenbereichen. Zusätzlich werden in der Regel die Abschreibungen ausgewiesen. Streng genommen gehören diese nicht zu den Auszahlungen, da mit diesen Werten kein Geldfluss einhergeht.
4. Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA)
Die betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) für Zahnarztpraxen, die sich aus den Buchführungsunterlagen ableiten lässt, basiert in aller Regel auf den erfolgten Ein- und Auszahlungen. Sie ist demnach eine Darstellung aller vollzogenen Zahlungsvorgänge, unabhängig davon, wann der Anspruch auf Zahlung entstanden ist. Sie sollte somit nicht mit den Begriffen Einnahmen und Ausgaben verwechselt werden.
Aus einer auf die Belange einer Zahnarztpraxis ausgerichteten BWA (siehe Abb. 2) sollte zumindest abgelesen werden können,
-wie hoch der Anteil aus Privatliquidationen ist,
-in welchen Leistungsbereichen welche Einzahlungen erzielt wurden,
-wie hoch die Praxisbetriebskosten sind,
-in welchem Verhältnis die Auszahlungen zu den Einzahlungen stehen,
-wie hoch das Praxisergebnis ist.
Bereits die in den üblichen BWAs ausgewiesene Praxisleistung, die als die Differenz zwischen den Einzahlungen einerseits und den Auszahlungen an Fremdlabore andererseits dargestellt wird, ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht ungenau. Sie ist somit wenig aussagekräftig, da die erfolgten Einzahlungen und die erfolgten Auszahlungen unterschiedlichen Zeiträumen der Leistungserstellung zugeordnet werden müssen.
Dennoch ist mit einer BWA in dieser Form – in Verbindung mit vorangegangenen Abrechnungszeiträumen – eine vergleichende Darstellung möglich, die Veränderungen und Entwicklungen in den einzelnen Bereichen aufzeigt. Sie kann somit durchaus als erste Grundlage für notwendige Entscheidungen dienen.
Der gravierende Nachteil jedoch ist, dass die BWA in dieser Form eine Vergangenheitsbetrachtung darstellt und noch keine Informationen darüber liefern kann, ob die gesetzten Ziele tatsächlich erreicht worden sind.
Fazit und Ausblick
Die betriebswirtschaftliche Analyse ist ein unternehmerisches Instrument, das auf einem transparenten und aussagekräftigen Zahlenwerk basieren sollte. Sie stellt die Basis für eine realistische Einschätzung des Erfolges einer Praxis dar. Jedoch ist eine BWA lediglich auf die Vergangenheit ausgerichtet. Sie zielt also im Grunde in die dem unternehmerischen Streben entgegengesetzte Richtung. Zum Teil kommt es bei den Praxen deshalb zu mehrmonatigen Verschiebungen in der Dokumentation von Leistung, Kosten, Einzahlungen und Auszahlungen. Dieser Umstand macht eine Erfolgsplanung auf Basis der BWA sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich.
Es stellt sich daher die Frage, mit welchen Instrumenten die betriebswirtschaftlich geprägten Entscheidungen noch gezielter und fundierter – d.h. mit dem größtmöglichem Erfolg – getroffen werden können. Um diesen Themenkomplex wird es im dritten Teil der Berichtsserie gehen; er wird sich mit dem Aufbau einer detaillierten betriebswirtschaftlichen Planung für die Zahnarztpraxis und deren Relevanz als Entscheidungsgrundlage beschäftigen.